Lehrerbildung auf dem Prüfstand 2016 – 9 (2)

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Inhalt

Annelies Kreis und Martin Rothland
Übersicht zu den Beiträgen
Stefanie Schnebel und Sandra Wagner
Muster im Handeln von Lehrpersonen – Eine videobasierte Untersuchung von Lernunterstützung auf Mikroebene

Der Beitrag berichtet Ergebnisse einer Studie zur Lernunterstützung in einem naturwissenschaftlichen Lernarrangement in der Grundschule. Das Unterstützungshandeln von 65 Lehrpersonen, die mit dem gleichen Lernarrangement arbeiteten, wurde videografiert und in fünf Unterstützungsfacetten codiert. Es konnten drei Muster von unterstützendem Lehrpersonenhandeln identifiziert werden, deren Differenzierung insbesondere auf die Häufigkeit von kognitiv strukturierenden, organisationsorientierten und evaluativen Handlungsweisen von Lehrpersonen zurückzuführen ist. Die Muster zeigen keine Bezüge zu fachlichen Lernvoraussetzungen oder Lernfortschritten der Schülerinnen und Schüler auf Klassenebene.

Schlagwörter: Lehrerhandeln – Lernunterstützung – Unterrichtsqualität – Videostudie

This article reports results of a study, which investigated learning support in a specific science learning arrangement. The instructional activities of teachers (n = 65) using the same learning arrangement were videotaped and coded on five dimensions of support. The coded data were clustered using a latent class analysis to find patterns of learning support. Three different patterns could be found. Distinctions between the three patterns can be described by differences in the dimensions of cognitive structuring, organizational support and evaluation. The patterns show no connection to content learning dispositions or learning progress.

Keywords: learning support – quality of instruction – teaching activities – video study

Marie Drüge und Karin Schleider
Berufsbezogene Beratung bei Lehrkräften – Eine quantitative Pilotstudie zu Häufigkeit, Bedingungen und Nutzen

Berufsbezogene Beratung ist entlastend, kooperationsfördernd und konfliktlösend, jedoch ist bislang nicht bekannt, ob und wie sie von Lehrkräften genutzt wird. Die vorliegende Pilotstudie untersucht Formen der berufsbezogenen Beratung an einer Stichprobe von 227 Lehrkräften (weiblich = 164, männlich = 63, Alter: M = 42.2, SD = 11.9). Berufsbezogene Beratung ist den meisten Lehrkräften bekannt, allerdings nehmen sie nur 25.6% in Anspruch. Rahmenbedingungen und Settings sowie Themen und Nutzen der Beratung werden beschrieben. Aus den Ergebnissen lassen sich erste Implikationen für Forschung und Praxis ableiten.

Schlagwörter: Berufsbezogene Beratung – Lehrkräfte – Kollegiale Beratung – Supervision

Work-related counseling is relieving, cooperation-enhancing and conflict-solving. However, it has to date not been known, if and how it is used by teachers. The present pilot study examines forms of work-related counseling in 227 teachers (female = 164, male = 63, age: M = 42.2, SD = 11.9). Work-related counseling is known to most of the teachers, just 25.6% are participating. Conditions and settings as well as topics and benefits of the counseling are described. First implications for future research and practice can be derived from the findings.

Keywords: supervision – teachers – work-related counseling

Manfred Lüders und Andreas Seifert
Small-Scale-Assessments in den Bildungswissenschaften

Der Beitrag befasst sich mit der Messung von Wirkungen universitärer Lehrerbildung in heterogenen Bildungssystemen. Er macht darauf aufmerksam, dass Large-Scale-Assessments möglicherweise dazu tendieren, standortspezifische Effekte zu unterschätzen. Um die Möglichkeit zu haben, dies zu prüfen, wird der Vorschlag unterbreitet, qualitativ hochwertige Small-Scale-Assessments zu entwickeln. Es werden zwei Small-Scale-Assessments vorgestellt, die in Modulprüfungen der zum Lehramt hinführenden Studiengänge an der Universität Erfurt zum Einsatz kommen. Die Befunde einer Pilotierungsstudie zeigen, dass beide Tests eine hohe Güte aufweisen. Der Forschung wird mit diesen beiden Tests die Möglichkeit zur Validierung verschiedener, bisher sowohl national als auch international eingesetzter Large-Scale-Assessments wie etwa des Tests „Pädagogisches Unterrichtswissen (PUW)“ oder des Tests „Bildungswissenschaftliches Wissen (BWW)“ eröffnet.

Schlagwörter: bildungswissenschaftliches Wissen – Lehrerbildung – pädagogisch-psychologisches Wissen

This article deals with the measurement of results of teacher education in heterogeneous educational systems. Attention is drawn to the point that large scale assessments probably tend to underestimate site-specific effects. In order to provide the possibility to investigate this tendency it is proposed to develop high quality small scale assessments. Two small scale assessments, which are implemented in module examinations of studies leading to the teaching profession at Erfurt University, are presented. The findings of a pilot study indicate a high test quality for both tests. Therefore, the possibility of validating different large scale assessments is established to scientific research. Examples of tests to validate are the test “General Pedagogical Knowledge (GPK)” or the test “Educational Scientific Knowledge (ESK)” which up to now have been administered nationally and internationally as well.

Keywords: educational knowledge – pedagogical and psychological knowledge – teacher education

Martin Drahmann, Martin Rothland, Johannes König und Barbara Pflanzl
Lehramtsstudierende an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten –
Zur Bedeutung motivationaler und kognitiver Eingangsvoraussetzungen für die Wahl der lehrerbildenden Institution und des Lehramtstypus

Die Entscheidung für ein Pflichtschullehramt oder das Lehramt an höheren Schulen war in Österreich bislang in der Lehrerbildung mit der Wahl einer Pädagogischen Hochschule oder Universität als Ausbildungsinstitution verbunden. Die Lehrerbildung an diesen beiden Studienorten unterschied sich bis zur Reform „PädagogInnenbildung NEU“ in den Zugangs- und Aufnahmeverfahren, Strukturen, Inhalten und der Dauer ebenso wie die angestrebten Lehrämter, die sich jedoch auch noch bis heute u. a. hinsichtlich des Ansehens in der Öffentlichkeit und der Verdienstmöglichkeiten unterscheiden. Auf Grundlage einer österreichischen Stichprobe von N = 1 342 Lehramtsstudierenden an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten wird die Bedeutung kognitiver und motivationaler Eingangsvoraussetzungen für die Entscheidung eines Lehramts in der österreichischen Lehrerbildung untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zugehörigkeitswahrscheinlichkeit zur Pädagogischen Hochschule oder Universität durch motivationale Prädiktoren sowie durch die pädagogischen Vorerfahrungen und das getestete pädagogische (Vor-)Wissen, jedoch nur in geringem Maße durch generische kognitive Merkmale erklärt werden kann.

Schlagwörter: Berufswahlmotivation – Laufbahnentscheidung – Lehramtsstudierende – pädagogisches Wissen

In Austria, the decision between the non-academic track of teacher education and the academic track of teacher education for teaching in (high) schools is as a decision for the school-level to teach in the future closely linked to the selection of a university or pedagogical college as an education institution for the education of teachers. The teacher education at these two different institutions differs in terms of admission and selection procedure, structures, contents and duration as well as the future teaching positions after graduation which differ in terms of reputation in the society and monetary earnings. On the basis of an Austrian sample of n = 1 342 pre-service teachers who study at pedagogical colleges and universities, we examine the importance of cognitive and motivational admission requirements for the decision of the school-level to teach in the future in the Austrian education of teachers. The results show that the probability of belonging to either a pedagogical college or a university can be explained by motivational predictors as well as pedagogical experiences before the studies and the tested pedagogical (pre-) knowledge but only to a small extent by generic cognitive attributes.

Keywords: academic choices – career choice motivation – pedagogical knowledge – preservice teachers

Kris-Stephen Besa und Christoph Schüle
Veränderung der Berufswahlmotivation von Lehramtsstudierenden in unterschiedlichen Praktikumsformen

Die Berufswahlmotivation angehender Lehrkräfte wird in zahlreichen empirischen Studien untersucht. Unklar ist bislang jedoch, ob von zeitlicher Stabilität dieses Konstruktes auszugehen ist. In diesem Zusammenhang geht der vorliegende Beitrag der Frage nach, inwiefern sich eine Veränderung der Berufswahlmotivation in der Begegnung mit dem angestrebten Berufsfeld im Rahmen schulpraktischer Studienelemente entfaltet. Hierzu wurden insgesamt N = 460 Lehramtsstudierende mittels des Fragebogens zur Erfassung der Motivation für die Wahl des Lehramtsstudiums (FEMOLA) zu sechs Messzeitpunkten, jeweils vor und nach den zu absolvierenden Schulpraktika ihres Bachelor-Studiums, befragt. Die Ergebnisse zeigen eine Veränderung der extrinsischen Berufswahlmotivation vor allem im Rahmen von Schulpraktika mit eigenen Unterrichtsversuchen, während in einem Hospitationspraktikum keine Entwicklung beobachtet werden konnte. Die intrinsische Berufswahlmotivation erweist sich im Vergleich als eher zeitstabil.

Schlagwörter: Berufswahlmotivation – Latent-Change-Modelle – Lehrerbildung – Praktikum

Several empirical studies examine student teachers‘ career choice motivation. Up to now, there is still a lack of studies analyzing its stability over time. In this context, the article at hand assumes that student teachers‘ career choice motivation changes during student teaching internships. Therefore, N = 460 student teachers are asked to estimate their career choice motivation using the FEMOLA questionnaire during six time-points of measurement each before and after different internships in the course of their academic studies. The results highlight a significant change of student teachers’ extrinsic career choice motivation during internships including teaching experiences on their own, whereas no development could be found during an observational internship. In contrast, student teachers’ intrinsic career choice motivation is almost stable over time.

Keywords: internship – latent change models – teacher career choice motivation – teacher education

Till Fabian Beutel, Johanna Adams, Sarah Engler, Katharina Gerzymisch und Dirk-Matthias Rose
Gesundheitliche Auswirkungen des Referendariats und Präventionsansätze – eine qualitative Interviewstudie

Der Vorbereitungsdienst ist für Referendare im Schuldienst eine herausfordernde Phase mit vielen Belastungen. Ziel dieser Studie ist es, wahrgenommene Risiken und Gesundheitsfolgen des Referendariats aus Sicht der Betroffenen qualitativ zu erheben, um deren Unterstützungsbedarf zu erfassen. N = 28 Referendare wurden mit einem semistrukturierten Interviewleitfaden befragt. Die transkribierten Interviews wurden mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. So wurden induktiv die Kategorien „Risiken – intern/extern“, „gesundheitliche Auswirkungen – körperlich/psychisch bzw. verhaltensbezogen“ sowie „Präventions- und Bewältigungsmaßnahmen – allgemein/arbeitsbezogen/extern“ mit entsprechenden Subkategorien abgeleitet. Schlafstörungen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Auswirkungen. Zur Linderung wurden oft schlafanstoßende bzw. Beruhigungsmedikamente genutzt. Aus Angst vor negativen Folgen wur¬de vereinzelt angegeben, professionelle Unterstützung zu meiden. Präventionsmöglichkeiten auf Verhaltens- und Verhältnisebene sind z. B. die Nutzung sozialer Unterstützung und das Angebot gesundheitsbezogener Workshops und Sprechstunden.

Schlagwörter: Belastungen – Gesundheit – Prävention – Referendare

The traineeship (“Referendariat”) in school teaching is a challenging phase with manifold strains. The aim of this study is to collect qualitative data towards perceived health consequences and anticipated risks due to the traineeship from trainee teachers’ point of view. N = 28 subjects were surveyed via a semi-structured interview. The transliterated interviews were utilized using qualitative content analysis. This procedure revealed inductively the categories “risks – internal/ external”, “health consequences – physical/mental respectively behavior-related” as well as “preventive and coping strategies – generally/work-related/external” with appropriate subcategories. Sleep disturbances were frequently reported. Subjects sporadically reported to avoid professional support because of the fear of negative consequences. Prevention methods affect the behavioral and school level. Those are the increased use of social support in the school as well as the offer of health-related workshops and consultation.

Keywords: health – prevention – strains – trainee teachers

Benjamin Dreer
Psychologische Bedürfnisse Studierender im Schulpraktikum – eine Perspektive auf die Bedingungen der schulpraktischen Ausbildung von angehenden Lehrpersonen

Die Erfüllung grundlegender psychologischer Bedürfnisse kann als Voraussetzung für optimales Lernen, Kompetenzentwicklung sowie für wirkungsvolles Handeln verstanden werden (für einen Überblick vgl. Krapp, 2005). Im Kontext der Lehrerbildung und insbesondere in Bezug auf schulpraktische Elemente spielte diese Perspektive auf die Lern- und Entwicklungsprozesse von Studierenden bislang jedoch kaum eine Rolle.
In Anlehnung an bestehende theoretische Konzepte zu psychologischen Bedürfnissen werden auf der Grundlage eines Literaturreviews vier zentrale Bedürfnisse von Studierenden im Schulpraktikum in einem Sequenzmodell beschrieben. Annahmen zur Entwicklung von Bedürfnissen sowie zur Rolle der Bedürfnisbefriedigung für wahrgenommenen Erfolg und Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum werden formuliert. Schließlich wird ein Ausblick auf eine geplante Studie zur Überprüfung des erarbeiteten Ansatzes sowie auf mögliche Untersuchungsschwerpunkte gegeben.

Schlagwörter: Lehramtsstudierende – professionelle Entwicklung im Lehrerberuf – psychologische Grundbedürfnisse – Schulpraktikum

The fulfilment of basic psychological needs can be taken as an important prerequisite for optimal learning, competence development and effective performing (see Krapp, 2005 for an overview). However, this perspective has rarely been adopted when studying the learning and development processes of student teachers within practical phases at schools. In this paper four sequential needs of student teachers are elaborated on the basis of existing theoretical approaches concerning basic psychological needs and relevant research findings in the field of teacher education. Hypothesis regarding the development of basic needs as well as the relation of the fulfilment of these needs with competence development are formulated. Finally, the paper provides an outlook on a planned study, which aims at testing the formulated hypothesis in different possible designs.

Keywords: basic needs – practical phase – professional development – teacher students

Julia Smolka
Ostermann, E. (2015). LehrerIn werden im Spannungsfeld subjektiver Erwartungen und objektiver Ausbildungsanforderungen. Professionsspezifische Entwicklungsaufgaben für Lehramtsstudierende

Bibliographische Angaben

Autor*innen Stefanie Schnebel
Sandra Wagner
Marie Drüge
Karin Schleider
Manfred Lüders
Andreas Seifert
Martin Drahmann
Martin Rothland
Johannes König
Barbara Pflanzl
Kris-Stephen Besa
Christoph Schüle
Till Fabian Beutel
Johanna Adams
Sarah Engler
Katharina Gerzymisch
Dirk-Matthias Rose
Benjamin Dreer
Band/Heft 2
Erscheinungsjahr 2016
Jahrgang 9
ISSN 1867-2779
Seiten 164
Sprache Deutsch
Bindung Softcover