Inhalt
Im vorliegenden Beitrag wurde empirisch überprüft, inwieweit sich multiple Selbstkonzeptfacetten von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen (SPFL) in Abhängigkeit von der Beschulungsart unterscheiden. Hierzu wurden 153 Schüler mit SPF-L aus inklusiven Schulen, 368 Schüler aus Förderschulen und 797 Schüler ohne SPF befragt. Inklusiv beschulte Schüler mit SPF-L wiesen ein deutlich schlechteres akademisches Selbstkonzept auf als die Schüler an Förderschulen und die Schüler ohne SPF. Für das generelle Selbstwertgefühl, Aussehen und die sozialen Selbstkonzeptfacetten Eltern- und Mitschülerbeziehung zeigten sich keine Unterschiede. Schüler mit SPF-L hatten unabhängig von der Beschulungsform ein besseres Selbstkonzept der Lehrerbeziehung. Zusätzlich wurden das allgemeine und das schulische Wohlbefinden von Schülern mithilfe quantitativer und qualitativer Befragungen im Sinne eines Mixed- Method-Ansatzes erfasst.
Schlagwörter: Inklusion – Mixed-Method – Selbstkonzept – sonderpädagogischer Förderbedarf
The present study investigated the differences in multiple facets of self-concept for students with and without learning disabilities (LD) in different educational placements. The sample included 153 students with LD in regular classes, 368 students with LD in special schools and 797 students without LD. The results indicate that students with LD in regular classes obtain significantly lower academic self-concept scores than their classmates without LD and those students with LD in special schools. There were no significant differences between the groups regarding global selfesteem, physical appearance and the social self-concept facets parent relations and classmate relations. Regardless of the educational setting, students with LD had a higher self-concept of teacher relations. In addition, we examined the general and the school well-being of students with and without LD using mixed-methods.
Keywords: inclusion – mixed-method – self-concept – special educational needs
Der vorliegende Beitrag untersucht die Entwicklung sowie das Zusammenspiel des schulischen Fähigkeitsselbstkonzepts und des Interesses für die Domänen Sprache und Mathematik bei inklusiv und exklusiv beschulten Kindern mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Lernen (SPFL). Hierzu wurden die Daten von 410 Grundschülern zu drei Messzeitpunkten ausgewertet. Latente Wachstumskurvenanalysen ergaben eine Abnahme des mathematischen Fähigkeitsselbstkonzepts der exklusiv beschulten Kinder über die Zeit. Des Weiteren veränderten sich das sprachliche Interesse bei den exklusiv beschulten Kindern und das mathematische Interesse bei den inklusiv beschulten Kindern. Beim Zusammenspiel zwischen dem domänenspezifischen Fähigkeitsselbstkonzept und Interesse konnte nur bei den inklusiv beschulten Kindern ab der vierten Klasse für beide Domänen ein Effekt des Fähigkeitsselbstkonzeptes auf das Interesse nachgewiesen werden. Schulische Interventionen zur Förderung des Lernens bei Grundschülern mit SPF-L sollten daher vor allem eine Stärkung des Fähigkeitsselbstkonzepts fokussieren.
Schlagwörter: Fähigkeitsselbstkonzept – Inklusion – Interesse – reziproke Effekte
The present study explored the development and reciprocal effects of domain-specific selfconcept of ability and interest (language and mathematics) for children with learning disabilities. A sample of 410 primary students were surveyed at three measurement points. Latent growth curve analyses revealed decreases only for mathematical self-concept of ability for students in exclusive settings. Changes in interest for language occurred only within exclusive settings, changes in interest for mathematics only within inclusive settings. Reciprocal effects between domain-specific self-concept of ability and interest were found only for the sample of inclusive students starting at grade 4 (t2) for both domains. Since a high self-concept of ability has positive effects on domain-specific interest, school based interventions should focus on supporting a high self-concept of ability.
Keywords: inclusion – interest – reciprocal effects – self-concept of ability
Im vorliegenden Beitrag werden die Zusammenhänge und Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung überfachlicher Kompetenzen zwischen verschiedenen Schülergruppen am Übergang vom Elementar- in den Primarbereich untersucht. Dabei werden gemäß eines breiten Inklusionsverständnisses verschiedene Merkmale von Heterogenität betrachtet. Genutzt wurden die Einschätzungen der Selbstkompetenzen, der sozial-kommunikativen und der lernmethodischen Kompetenzen von 1 100 Kindern im Jahr vor der Einschulung und 631 Kindern in der ersten Klasse. In den Ergebnissen zeigen sich höhere überfachliche Kompetenzen bei Kindern mit höheren Deutsch- und Mathematikleistungen, bei Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf und bei Mädchen. Ein Einfluss des sprachlichen Hintergrunds auf die überfachlichen Kompetenzen wird nicht festgestellt. In längsschnittlichen Analysen zeigt sich eine hohe Stabilität der überfachlichen Kompetenzen sowie eine Verfestigung des Geschlechterunterschieds im Bereich der sozialkommunikativen Kompetenzen.
Schlagwörter: Grundschule – Heterogenität – überfachliche Kompetenzen – Vorschuljahr
Based on a broad comprehension of inclusion this paper investigates the difference in key competencies of children at the transition from early childhood to primary school. Analysis were based on self-competences, social skills and learning abilities of 1.100 preschool children and 631 children in first grade assessed by early childhood teachers and school teachers. The results show higher key competencies for children with higher verbal and mathematical skills, for children without special needs and for girls. An influence of migration background was not found. Longitudinal analyses show a high stability of key competencies between preschool and first grade as well as a continuing gender differences in social skills.
Keywords: heterogeneity – key competencies – preschool – primary school
Der vorliegende Beitrag analysiert die Auswirkungen der schulischen Maßnahmen „reduzierte individuelle Lernziele“ (RILZ) und „integrative Förderung“ (IF) auf die soziale, emotionale und leistungsmotivationale Dimension des subjektiv wahrgenommenen Integriertseins. Zur Beantwortung dieser Fragestellung werden Daten des Projekts „Selektivität und Effektivität des Chancenausgleichs an Berner Schulen“ (SECABS) beigezogen, die Informationen zu 792 Schülern der fünften und sechsten Klassenstufe im Kanton Bern in der Schweiz liefern. Die Ergebnisse zeigen, dass sich insbesondere die Maßnahme RILZ signifikant negativ auf das subjektiv wahrgenommene soziale und leistungsmotivationale Integriertsein auswirkt. Dies auch unter Kontrolle der Schulleistungen und des IQs. Auch Kinder mit der Maßnahme IF fühlen sich unter Kontrolle der Leistungen signifikant schlechter leistungsmotivational integriert als vergleichbare Kinder ohne IF. In Bezug auf das soziale Integriertsein hingegen, fühlen sich Kinder mit IF unter Kontrolle der Leistungs- und Begabungsvariablen nicht schlechter sozial integriert. Kinder mit und ohne Maßnahmen unterscheiden sich im Hinblick auf das emotionale Integriertsein nicht voneinander.
Schlagwörter: Akademisches Selbstkonzept – integrative Maßnahmen – soziale Integration – Wohlbefinden
In order to ensure that every child with special education needs reaches their full potential, supportive integrative programs are being put in place in many public schools. Yet, there’s little empirical evidence concerning the allocation and the impact of these measures. The current study investigates the impact of the two programs “reduced individual learning objectives” and “integrated advancement” on social, emotional and achievement motivational dimensions of integration. In order to do this data of the SECABS study has been analyzed, containing information from 792 fifth- and sixth-grade pupils in the Canton of Bern. The results show that the program “reduced individual learning objectives” has a significantly negative impact on students social and achievement motivational level, even when controlled for school performance and IQ. The same applies to children who are part of the program “integrated advancement” but only with regard to achievement motivation. While concerning the social integration, the effect disappears when controlling for school performance and IQ. Furthermore, no significant difference in emotional integration between children who are and those who are not part of any integrative programs was detected. The results of this study give rise to the assumption that the programs, contrary to their original goal, appear to lead to stigmatization.
Keywords: integrated advancement – integrative programs – reduced individual learning objectives – stigmatization – subjective perception of integration
In vielen Ländern werden Kinder mit besonderem Bildungsbedarf zunehmend in Volksschulklassen integriert. In diesem Zusammenhang werden zunehmend unterschiedliche integrative Maßnahmen angewandt. Von besonderem Interesse sind hierbei die beiden konträren Maßnahmen „Nachteilsausgleich“ (NAG) und „reduzierte individuelle Lernziele“ (RILZ), wie sie im Kanton Bern genannt werden, jedoch in ähnlicher Form in den meisten Schweizer Kantonen existieren. Diese Maßnahmen können als Label verstanden werden, das den betroffenen Kindern zugeschrieben wird. Vor dem Hintergrund des „labeling bias“, der Unterschiede in den Erwartungen oder Wahrnehmungen von Personen mit einem Label beschreibt (Fox & Stinnett, 1996), stellt sich die Frage, ob Lehrpersonen Kinder mit integrativen und ohne integrative Maßnahmen unterschiedlich wahrnehmen. Für die empirischen Analysen werden Daten von 735 Schülern der fünften und sechsten Primarschulstufe im Kanton Bern analysiert. Es stellt sich dabei heraus, dass die Lehrpersoneneinschätzung der kognitiven Grundfähigkeiten von Kindern mit RILZ auch unter Kontrolle der gemessenen kognitiven Grundfähigkeiten sowie der Schulleistungen signifikant tiefer ausfallen als von vergleichbaren Kindern ohne RILZ. Kinder mit einem NAG scheinen hingegen keinem labeling bias zu unterliegen. Ihre Einschätzungen unterscheiden sich nicht signifikant von den Einschätzungen von vergleichbaren Kindern ohne Maßnahme. Zwischen den integrativen Maßnahmen und der Einschätzung der Anstrengungsbereitschaft besteht kein signifikanter Zusammenhang.
Schlagwörter: innere Differenzierung – integrative Maßnahmen – Lehrpersoneneinschätzungen – Nachteilsausgleich – reduzierte individuelle Lernziele – schulische Integration
In many countries, regular schools have been offering integrative programs for children with special needs. In Switzerland, there are two of particular interest. The so-called „Nachteilsausgleich“ (NAG) and „reduzierte individuelle Lernziele“ (RILZ), both hosted by Schools in Bern, which are also available in similar formats in other cantons around the country. These integrative programs are known to label children with special needs, relating to the theory of labelling bias, which addresses differences in expectations or perceptions of labelled people. The question which arises is whether there is a difference between a teacher’s perception of children who are and those who are not part of any integrative programs. Therefore, Data of 735 fifth- and sixth-grade pupils from Bern has been collected and analysed. The results of this study show that, teachers tend to rate children with RILZ significantly lower in their cognitive performances than children without RILZ, even when controlled for IQ and performance. While when analysing the willingness to work hard no labelling bias was detected. Furthermore, the negative effect on a teacher’s perception disappears when controlling for social background. However, labelling bias does not apply for children with NAG. There are no differences between the teachers’ perception of children with NAG and children without any of the two integrative programs.teachers’ perception of children with NAG and children without any of the two integrative programs.
Keywords: classroom assessment – comparison of school types – diagnostic quality – teachers
– Eine empirische Analyse von Gelingensbedingungen und Herausforderungen
Die Umsetzung inklusiver Bildung stellt Schulen vor komplexe Herausforderungen. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht die empirische Analyse von ausgewählten Gelingensbedingungen und Herausforderungen, mit denen sich öffentliche Grundschulen in Niedersachsen in der Umsetzung inklusiver Bildung konfrontiert sehen. Diese werden im Rahmen der aktuell durchgeführten „Wissenschaftlichen Begleitung der inklusiven Bildung in Niedersachsen“ untersucht. Die Studie basiert auf einem Mixed-Methods-Design und besteht aus drei Teilstudien. In Teilstudie 1, einer einmalig durchgeführten flächendeckenden, quantitativen Onlineerhebung, machten Leitungen und Lehrkräfte von 600 staatlichen, niedersächsischen Grundschulen Angaben zur Umsetzung der Inklusion an ihrer Schule. Zum ersten Messzeitpunkt wurde in Teilstudie 2 eine quantitative Fragebogen- und Leistungserhebung an 70 Grundschulen durchgeführt. In Teilstudie 3, einer vertiefenden qualitativen Erhebung an neun Schulen wird, ebenfalls zum ersten Messzeitpunkt, mittels Experteninterviews und Gruppendiskussionen auf die konkrete Umsetzung der Inklusion an der Schule und die damit einhergehenden Gelingensbedingungen und Herausforderungen fokussiert. Im vorliegenden Beitrag werden ausgewählte quantitative und qualitative Ergebnisse des ersten Messzeitpunktes aus Teilstudie 2 und 3 vorgestellt.
Schlagwörter: inklusive Bildung – Mixed-Methods-Design – öffentliche Grundschulen – wissenschaftliche Begleitung
The implementation of inclusive education is a challenging task for schools. This paper presents an empirical analysis of selected conditions of success on the one hand and challenges public primary schools in Lower Saxony have to deal with on the other hand. Both focuses are part of the current scientific evaluation study of inclusive education in Lower Saxony. The study is based on a mixed methods design and consists of three substudies. Substudy 1 was conducted once and allowed headmasters and teachers of 600 public primary schools in Lower Saxony to submit their views on inclusive education at their school via a quantitative online questionnaire. In the first data collection period of substudy 2, quantitative questionnaire and test data of 70 primary schools were collected. The first evaluation phase of Substudy 3, an intensive qualitative data collection at nine primary schools, included expert interviews as well as group discussions on the practical realisation of inclusive education and related conditions of success and challenges. This paper presents selected quantitative and qualitative results of the first data collection period of substudy 2 and 3.
Keywords: inclusive education – mixed methods design – public primary schools – scientific evaluation